Abflug, Montagmorgen 9 Uhr Hotel, das ganze rückwärts: Nach Hause, Shuttle nach Brisbane, in den Flieger nach Sydney. Weiter in die dicke Maschine, 9 Stunden nach Singapur. 2 Stunden Aufenthalt, weiter nach Frankfurt – 11 Stunden in der Luft.. geht doch. So war der Plan. Dass dann zwischendurch mal ein Triebwerk nicht anspringt und ausgetauscht werden muss und wir in Singapur Airport 4 Stunden rumhängen über den 70-er Jahre Muster-Teppich schleichen und in der Business Lounge abhängen.. könnte schlimmer sein. Die Sonne brennt.
Dienstagmorgen: Wieder mal Regen. Vier Stunden Verspätung 9 Uhr 30, am 01. Februar 2011. Wir sind im Anflug, Frankfurt Airport. Aber erst mal der Reihe nach und zurück zur Abfahrt vom Hotel Versace. Etwas nachgedacht. Jay versucht, sich Klarheit in die Birne zu pumpen. Das zu verstehen, dahinter zu kommen, was schief gelaufen ist…
Backflash: Wir reden im Shuttle-Bus nach Brisbane, Indira, Mathieu, Jay, Jenny und ich. Der Fahrer des Kleinbusses, ein Engländer, der nach Australien ausgewandert ist, hat uns auch am 11.01. in Brisbane abgeholt und ins Versace gefahren. Er fragt mich nach dem blonden schönen, etwas zu dünnen Mädchen, die zwar etwas viel gequasselt hat, die aber bei ihm einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat, er fragt nach Sarah.
Wie soll ich ihm das jetzt erklären, Sarah, sag ich ihm, ist nicht mehr bei uns, sie wird unter Bewachung irgendwo in einem anderen Hotel an der Goldküste Australiens von der Öffentlichkeit abgeschirmt. Er versteht nicht so ganz, was ich da gerade zu ihm gesagt habe. Sorry, manchmal ist mein Englisch nicht das beste, „zu kompliziert“. Mit diesen Worten würge ich das Gespräch mit dem englischen Fahrer, ab.
Was wird passieren, wie werden die Helden, die Heldinnen empfangen? Wie müssen sie sich verhalten, irgendwas spielen, nett lächeln für die Kameras? Nein, Experimente dieser Art können schief gehen, können kippen, haben immer etwas nicht Planbares. Jay ist das klar geworden. Sein Zusammenbruch hat sicher was mit dem Zufluss von gigantisch vielen Informationen zu tun.
Jay will weiter Musiker sein, seinem Business nachgehen, deshalb ist er hier, einen Platz-Fünf-Hit, mindestens das wäre geil. Darum geht’s und – was für ein Glück, dass er nicht Dschungelkönig geworden ist -, denn dann würde es immer heißen, „die Musik vom Dschungelkönig“, das will er auf keinen Fall.
Kann ich verstehen und vielleicht ist ja was dran. Wer fragt in drei-vier fünf Tagen, in zwei Wochen, anderthalb Monaten, keine Rote Socke: „Was? Wer war das, Dschungelkönig?“ Platz zwei oder drei.
Thomas Rupprath ist sauer. Naja naja, Indira ist da etwas zuversichtlicher. Front-Foto auf der „OK“ Titelstory, es wird anhalten und wir müssen authentisch bleiben. Sicher kommen die ganzen Talkshows. Kerner, Stefan Raab wäre super, da will Indira hin. Das Camp war ne hammer Plattform und wer das Gegenteil behauptet, der hat im Entertainment-Musik-Business gepennt.
Die Veranstaltung war privat, komplett von der Werbung bezahlt und natürlich von den sich bewusstlos telefonierenden Fanblöcken, die gnadenlos die Telefonleitungen glühen lassen, um ihren Favoriten aufzufordern. Knutsch echt, und rapt, was das Zeug hält. Dschungel Camp 2011!
Mathieu sagt es noch mal – ist das Entertainment-Format der Zukunft – und er ist froh, an dieser ‚Riesen Sause‘, teilgenommen zu haben. Die Nation (Deutschland) war seit der Mondlandung nicht mehr so im Dschungelfieber. Ist nicht von mir, aber ich benutze das ganz gerne, denn es hat Größe, ist mächtig, ein Hammer Ereignis, so was wie die Mondlandung, schlecht hin.
Es sind aber immer nur noch 11 Personen, die sich ums Lagerfeuer gesetzt haben, und Grillen grillen, sich darüber auslassen, welcher Genuss der Oberschenkel der gegrillten Grille gebracht hat. Gibt’s doch gar nicht, wer ist denn überhaupt auf diese banale saublöde Idee gekommen? Und hat sich dabei ausgerechnet, dass dieser Grillabend zum Straßenfeger, zum Medienereignis, hoch runter bis in den Bundestag von Guido-Guttenberg besprochen wird. Wichtige Plenarsitzungen müssen sich beeilen, damit rechtzeitig – bloß keine Zeitüberziehung – die Fernseher gestartet werden können, um zu sehen, wie Peer mit Mathieu eine rote Socke zum Dschungel-Kumpel-Psychologen bastelt.
Mit dem Roten-Socke-Kumpel redet, als wäre es die faszinierendste, spannendste Erfindung seit dem es Farbfernsehen gibt. Leute, das hat doch nichts mit dem Großereignis von Nils Armstrong zu tun, der seinen Eisenschuh auf ein Stück undefiniertes Mond-Gesteins-Geröll, als erster Mensch, gesetzt hat. Ich weiß, und klar habe ich davon gehört, dass die amerikanischen Mediengestalter seinerzeit in engem Kontakt mit Stanley Kubrik standen, der angeblich die ganze Mond-Landungs-Story in Nevada im Studio inszeniert hat. Vielleicht war so ein Betrugs-Verarsche-Ding damals möglich, heute undenkbar, würde sofort entdeckt werden, sind doch mittlerweile überall Überwachungs- Kameras, Horden von Bloggern würden sich einhacken, wären eingesickert ins System, und sofort würde es publik gemacht und überall in den Jetrums gebe es nur noch das eine Thema: „Hat schon mal jemand gegrillte Oberschenkel- Grillen ausgetestet und sind die wirklich der Hammer, so der Hammer, wie sie es im Dschungel beschreiben?“
Wir sitzen immer noch im Flieger und haben köstlich gegessen. Wir schippern mit allen Dschungelinsassen, den Begleitern und den über Nacht plötzlich berühmten Stars, durch die Nacht auf den Weg nach Singapur. Was ein Bild, der Mond geht vorne rechts auf. Ich habe Jay meinen Laptop gegeben. Er sitzt mit Indira in den wuchtigen Business Sessel, sie schauen sich meine Fotos an. Eine Bilderreise durch den Dschungel, rüber an den Pool direkt zum Abhängen ins Versace, vorbei zum Lifeguard am Pazifik.
Der Zusammenbruch von Jay in der Hotellobby mit Fotos nur angedeutet, (ihr erinnert euch meine Speicherkarte voll) alles aus meiner Foto-Perspektive, Tag eins bis Tag 21 komplettes Neuland, was sich da für Jay und Indira auftut. So hat das ausgesehen, als wir im Dschungel waren: In dem abgeschirmten, zeitlosen Minikosmos. Von Tag 3 bis Tag 21. Rainer L, der in einen wuchtigen Business Sitz hinter mir sitzt ist entspannt. Für ihn wars so was wie eines der größten Medienereignisse in seinem Leben. Rainer ist mit absoluter Sicherheit an seine meditativen Grenzen gekommen. Nicht so schlimm, wie wir von außen beim Betrachten seiner Performance befürchteten, aber er konnte es gut steuern. Sich für ganze Tage ruhig, ohne großen Aufwand, nur auf sich selbst konzentrieren.
Katy schläft zwei Reihen weiter rechts. Sie hat vor zirka zwei Stunden die mega-komplizierte Tastatur an dem wuchtigen Sessel bedient und sich in die liegende Position von bestimmt 23 kleinen Elektromotörchen schrauben lassen. Auf meinem Computer ist es einsam, keine parallellen Internetaufrufe, E-Mails, kein Facebook, Life-Chat mit Twitter, Skypen mit Chris, um die Info von einem Ende zum anderen Ende des Globus zu schicken.
Wir landen in Frankfurt und endlich lerne ich den echten Pudel von Eva mit den Schwestern kennen! Was ein Bild, sie haben Apfelwein mitgebracht, Prost!
Beste Grüße von mir ich gehe jetzt mal ne Runde schlafen, Otmar